Der Gebietsaustausch vom 13. November 1945 – Barber-Lyaschenko-Abkommen

In den Verträgen von Jalta und Teheran hatten die Alliierten Sowjetunion, Großbritannien und die USA vereinbart, nach dem Sieg über das nationalsozialistische Deutschland Besatzungszonen festzulegen. Diese sollten sich nach den bestehenden Landes- und Provinzgrenzen richten.

Diese Abgrenzung erwies sich nach dem Kriegsende (8. Mai 1945) und der Zoneneinteilung (1. Juli 1945) im Bereich der alten lauenburgisch-mecklenburgischen Grenze als schwierig umzusetzen. Seen, Wälder und schlechte Wege machten es besonders für die Briten schwierig, die Dörfer ihrer Zone zu erreichen.

Die örtlichen Kommandeure der britischen Rheinarmee, Generalmajor Colin Muir Barber mit Sitz in Ratzeburg und der Roten Armee, Generalmajor Nikolaj Lyaschenko mit Sitz in Wiligrad bei Schwerin, vereinbarten daher den Austausch von Gemeinden, um zu einer einfacher zu kontrollierenden Grenze zu kommen.

Die über 650 Jahre alte Landesgrenze zwischen Lauenburg und Mecklenburg wurde ohne Beteiligung deutscher Stellen durch den am 13. November 1945 in der Gadebuscher Gaststätte „Goldener Löwe“ abgeschlossenen Vertrag verändert.

Von Mecklenburg nach Lauenburg wurden die Gemeinden Bäk, Mechow, Römnitz und Ziethen zugeteilt und von Lauenburg nach Mecklenburg die Gemeinden und Güter Dechow, Groß Thurow, Klein Thurow, Lassahn, Bernstorf, Stintenburg, Stintenburger Hütte und Techin.

Dieser Vertrag wurde von den Briten den Menschen der lauenburgischen Gemeinden sehr kurzfristig bekannt gegeben. Sie hatten die „Wahl“, in ihren Häusern zu bleiben, aber mit geringen Lebens- und Betriebsmitteln in die sowjetische Zone zu wechseln, oder unter Mitnahme von Vorräten, Vieh und Hausrat in die britische Zone zu gehen. Die meisten Einwohner entschlossen sich, in der britischen Zone in einer ungewissen Zukunft neu zu beginnen.

Die sowjetische Besatzungsmacht verließ die auszutauschenden Dörfer, ohne die Menschen zu informieren. Nur wenige Einwohner aus Bäk, Mechow, Römnitz und Ziethen folgten ihnen.

Der Gebietsaustausch (beendet am 28. November 1945) führte zu menschlichen Dramen. Die Menschen waren gerade dabei, sich nach dem Kriegsende in einem neuen Leben einzurichten, und verloren nun ihre Heimat.

In den nun fast menschenleeren Dörfern östlich von Schaalsee und Goldensee dagegen wurden größtenteils Flüchtlinge untergebracht, die ihre Heimat im Sudetenland (heute Tschechien) und in Bessarabien (heute Moldawien) verloren hatten. Für sie war das Abkommen der Neubeginn in einer neuen Heimat.

Die am Vertrag beteiligten Briten und Russen ahnten vermutlich nicht, dass dieses Abkommen das Leben der Menschen dieser Region für Jahrzehnte bestimmte und vielfältige Folgen bis in unsere Gegenwart hatte.

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